Airball

Von Thomas Greis

Die Wettbewerbsgewinner sind gekürt. Über 50 Fotografen haben mehr als 100 Fotos eingereicht. Gewonnen hat „Airball“ von Marcel Dykiert – und fünf mehr. 

Vielen Dank an dieser Stelle an alle, die ihre Fotos eingereicht haben. Wir waren angenehm überrascht, dass sich fast alle Beiträge auch mit dem Thema „Doppelte Realitäten“ auseinander gesetzt haben. Keine Selbstverständlichkeit.

Die Einsendungen

Als wir die Bilder gesichtet haben, ist uns außerdem aufgefallen, dass wir eigentlich zwei Wettbewerbe austragen. Deshalb haben wir uns für 5+1 Gewinner entschieden. Zum einen suchten wir aus den Einsendungen das Foto, das am besten zu unserem Katalog passt. Zum anderen wollten wir Bilder, die auf die Themenfrage die beste Antwort wussten.

Viele gute Bilder funktionieren nicht auf der Katalogseite, wie zum Beispiel die s/w-Makroaufnahme einer Pusteblume von Kevin Schmidt mit Wassertropfen auf deren fragilen Schirmfliegern. Sinnlich, ästhetisch, aber zu leise für unsere erste Seite.

Andere Fotos haben uns gut gefallen, waren aber zu weit vom Thema entfernt. So schickte uns zum Beispiel Joachim Weitzel eine Aufnahme einer jungen Frau, die in roter Spitze auf einem Ohrensessel selbstbewusst und leicht lasziv im Schulterblick in die Kamera schaut. Sehr gutes Foto, aber die Antwort auf das Thema blieb uns verwehrt.

Wir haben sogar eine Abbildung eines Landschaftsbildes in Öl bekommen – bei dem wir immer noch nicht wissen, ob es sich um einen Photoshop-Effekt handelt oder wirklich zunächst der Pinselstrich auf rauem Untergrund gezogen wurde bevor die Kamera ins Spiel kam. Wir fragen bei Ralf Gerlach nach. Ein spannender Blick war es auf jeden Fall. Danke dafür in den Harz.

Die Siegerbilder

Hero © Manuel Mair

Hero © Manuel Mair

Eine Frage, die uns bei der Auswahl grundsätzlich beschäftigte, war: Wie relevant ist die spätere digitale Nachbearbeitung für die Bewertung eines Bildes? Wir haben diesmal keine abschließende Antwort gefunden und so das Bild „Hero“ von Manuel Mair mit aufgenommen, das vor allem durch Idee und die Umsetzung besticht. Das Foto dient als Grundlage für eine Arbeit, die aussergewöhnlich ist und uns deshalb einen Preis wert ist.

Spreepark © Philipp Messinger

Spreepark © Philipp Messinger

Die Handschrift des Computers kann man auch bei Philipp Messinger sehen. „Spreepark“ schafft den Kontrast der Wahrnehmungen, der zerfallene Vergnügungspark der DDR, der den Genuss des Augenblicks wie dessen Vergänglichkeit gleichermaßen widerspiegelt. Perspektive und Stimmung haben uns gefallen.

Treppenhaus © Geo Messmer

Treppenhaus © Geo Messmer

Einen zweiten Blick muss man auch bei Geo Messmer wagen. Wie ein Auge sehen einen die geometrischen Formen an, das in seinen weißen Bögen zunächst unerkannt ein Treppenhaus abzeichnet. Das Gehirn kommt kaum zur Ruhe, sucht weiter nach Formen und Antworten, zu welchem Zweck sich all die Linien so harmonisch zusammenfügen bis es Handläufe und Schatten verraten.

Life © Nina Senger-Mertens

Life © Nina Senger-Mertens

„Life“ hat Nina Senger-Mertens ihr Bild genannt, das einen Mann mit grauem Haar, Hemd und Mantel von hinten zeigt, wie er sich in eine Installation vertieft. Er beobachtet die Dinge, die vor ihm liegen und wir beobachten ihn. Ein intimer Moment im öffentlichen Raum, angefüllt von überladenen Details wie Häuptlinge im Federschmuck, Frauen mit Helmen, verlassene Hände und David Bowie (?) mit einer Fahne in seiner Rechten.

Bugs © Scott Lewis

Bugs © Scott Lewis

Multiple Realitäten zeigt uns das Foto von Scott Lewis. Wir haben selten so viele Farben und Formen gesehen – und das bei einem Tier, das wir zugegebenermaßen bis heute in seiner Schönheit vollkommen unterschätzt hatten. Die Suche nach Parallelen und Unterschieden, die Frage nach dem Wo und Warum, der Wechsel der Perspektiven bei einer Parade exotischer Käfer hat uns fasziniert.

Airball © Marcel Dykiert

Airball © Marcel Dykiert

Das Siegerbild war eines der ersten, das uns erreicht hat. Für die Auswahl so weit ohne Relevanz. Doch hat uns „Airball“ von Marcel Dykiert immer wieder in seinen Bann gezogen. Doppelt waren die Realitäten, ein Basketballkorb der seine besten Tage hinter sich hat und sich nun in Mitten von Büschen und Stäuchern behaupten muss. Eingefangen mit einem guten Blick und professionell umgesetzt.

Wir haben das Motiv auch auf dem Katalog mit anderen verglichen und die magische Ruhe, die friedliche Kraft, die einen – ähnlich des Spreepark-Motivs – Verfall und Vergänglichkeit in Erinnerung ruft, als kraftvoll genug empfunden, es für die kommende Monate zusammen mit unserem Katalog an euch und alle unsere Kunden zu schicken.

Gratulation an die Gewinner

Ein 100-Euro-Gutschein geht heute noch an Marcel Dykiert raus. Fünf 25-Euro-Gutscheine an Manuel Mair, Philipp Messinger, Geo Messmer, Nina Senger-Mertens und Scott Lewis. Und noch mal Danke an alle, die mitgemacht haben! Wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, alle Bilder hin und her geprüft, diskutiert und schließlich eine schwierige Entscheidung getroffen.

Weitere Fotos findet ihr auf Facebook unter https://www.facebook.com/media/set/?set=a.10151676981438304.1073741825.111051893303&type=1.

4 Gedanken zu “Airball

  1. ich finde fotos sollten so bewertet werden wie sie aus der kamera kommen und nicht aus dem pc. darum mache ich auch bei keinem wettbewerb mehr mit weil meistens nur pc fotos gewinnen. es heisst fotografieren und pc gra.
    fieren
    denkt mal drüber nach

  2. Dem kann ich mich nur anschließen. In anderen Bereichen wird nachträgliche Bildbearbeitung verpönt, weil es eben nicht die Leistung des Fotografen zum Zeitpunkt der Aufnahme wiederspiegelt. Ich mach das auch nicht bis kaum, da ich finde, dass es (ohne die Leistung des Gewinners schmälern zu wollen) einfacher ist sich bei Ps die Wirklichkeit hinzubiegen, als vor Ort die richtigen Entscheidungen zu treffen. Denn da ist es oft eine Frage von Augenblicken und keine von stundenlanger Korrektur. Meine Meinung.

  3. Ich glaube, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Grundsätzlich schließe ich mich der Meinung an, daß es ein Foto sein sollte und keine Grafik, die am PC auf Basis eines Fotos entstanden ist.
    Allerdings bin ich hinsichtlich der Nachbearbeitung anderer Meinung. Vielleicht hat es auch damit zu tun, das ich vor vielen, vielen Jahren mal eine Ausbildung zum Fotolaboranten gemacht habe.
    Aus meiner Sicht kann so gut wie jedes Bild noch nachträglich optimiert werden. Und man sollte diese Möglichkeit auch nutzen.
    Daher mache ich alle Aufnahmen im Raw-Format und lege praktisch immer Hand an. Gerade was Lichter- und Schattenzeichnung angeht lässt sich noch so viel machen…
    Nichts anderes macht ja auch die Kamera, wenn man auf Motivprogramme stellt. Nur werden die Korrekturen dann direkt eingerechnet.
    Natürlich hängt das auch von der Art der Aufnahme ab. Ich interessiere mich mehr für Sportfotografie. Ich kenne professionelle Fotografen (auch aus der Analog-Zeit), bei denen waren die Aufnahmen perfekt. Dafür haben die auch stundenlang am Aufbau gearbeitet und somit der Nachbearbeitungsbedarf geringer.
    Grundsätzlich sollte die Nachbearbeitung nur dazu dienen, das Bild zu optimieren und nicht um es zu verfremden.

  4. Bravo Jürg Heimerl, Sie bringen es auf den Punkt. Die (abgebildete und optimierte) Realität ist tausend Mal spannender, als das was Photoshopianer daherbröseln. Aber das scheint offenbar auch vielen Jury Mitgliedern bei Wettbewerben nicht mehr klar zu sein.

Hinterlasse einen Kommentar